Projektinfos
Andreas Ströhle M.Sc.
DI Thomas Fußenegger
DI Stefan Hiebeler
Bauherr
Raiffeisen Pensionskasse Genossenschaft, St. Gallen
Standort
St. Gallen (CH)
Wettbewerb
2014
Rechte
Text HK Architekten
Abbildung HK Architekten
- Tragwerksplanung
merz kley partner ZT GmbH, Dornbirn - Landschaftsplanung
Müller Illien Landschaftsarchitekten GmbH, Schweiz
Quartier Haggen, St. Gallen
2. Platz
Die Nachbarbebauung des Areals weist eine starke Differenzierung auf und reicht von kleinen Einfamilienhäusern bis hin zu großen Wohnblöcken. Durch das gegen Norden hin abfallende Gelände des Grundstücks ergibt sich eine topographische Höhenentwicklung welche am Kreuzungspunkt Haggenstraße-Wolfgangstraße einen Hochpunkt generiert. Gegenüberliegend auf etwas höherem Terrain befindet sich das Schutzobjekt „Schlössli Haggen“ welches durch seine, zur Straße hin freigespielte Situation, hervorsticht. Das Grundstück selbst wird West- und Nordseitig stark von Bachgehölz definiert was zum einen eine außenräumliche Qualität bietet, aber auf der anderen Seite das Grundstück auch einengt.
Um die Schaffung eines Zentrums in der Kernzone zu fördern erhält das Ladengebäude in seiner Kubatur eine Dominanz, die aber durch die Höhenstaffelung mit nur drei Geschossen, dem zur Straße hin zurückspringenden Erdgeschoss und der aufgelösten Fassade sich zurücknimmt. Durch den im Erdgeschoss geschaffenen gedeckten Vorplatz ergibt sich ein zusätzlicher Puffer zum „Schlössli“ und zur Straße hin, und ermöglicht ein Verweilen von Fußgängern und Radfahrern. In der Wohnzone gewidmeten Bereich Richtung Norden befinden sich zwei Baukörper welche sich dem natürlichen Geländeverlauf anpassend in der Höhe staffeln, und sich durch ihre Situierung in einer ruhigen und von Sonnenlicht begünstigten Situation befinden. Die Körnung des Ladengebäudes an der Straßenkreuzung orientiert sich in seiner Grundfläche an den umgebenden größeren Wohnbebauungen. Gleichzeitig funktioniert dieses Gebäude als Abschirmung gegenüber der Straße und LKW-Anlieferung für die dahinterliegenden Wohnbauten. Die Wohnbauten sind so zueinander orientiert, dass sich Durchlässigkeit gegenüber den Einfamilienhäusern im Nordosten ergibt.
Das bestehende Ufergehölz des Schlösslibachs fasst den Außenraum aller drei Gebäude. Die Struktur aus dem abgestuften Gehölzgürtel als räumlicher Grenze und der offenen Grünfläche, die zu den Bäumen hin sanft abfällt, wird durch minimale Eingriffe zum Charakteristikum des Ortes entwickelt. Im Außenraum um das Gewerbegebäude stehen pragmatische Notwendigkeiten wie Parkplätze und Anlieferung im Vordergrund. Sie werden durch einfache Eingriffe in den gestalterischen und räumlichen Rahmen integriert und von den Wohnhäusern abgegrenzt. Schnurbäume fassen den Raum zur Straße hin und schaffen eine durchlässige Platzsituation, ohne die Anlieferung zu beeinträchtigen. Zu den Wohnhäusern hin markiert eine Hecke mit eingestreuten Ahornbäumen den Zugang zum halbprivaten Bereich. Ein großzügiger Fahrweg erschließt die Wohngebäude behindertengerecht. Hecken schaffen hier Distanz zwischen privatem und öffentlichem Raum. Ein Spazierweg ergänzt das L der Zufahrt zum Rundweg, der die rückwärtigen privaten und halböffentlichen Freiräume umgreift und auch die Wohnungen über dem Gewerbegebäude an den Außenraum anbindet. Die privaten Gärten sind nach Innen orientiert und mit Hecken von der Spielwiese getrennt. Jenseits des Spazierweges liegt der Waldspielplatz, der die Themen des Ortes als Spiel-Landschaft umsetzt und Teil des natürlichen Spielraums entlang des Bachs wird. Das Ufergehölz mit seinem Farben- und Formenspiel in Grün wird zum attraktiven, ruhigen Hintergrundbild beim Blick aus dem Fenster. Im Vordergrund nimmt eine Farn- und Gräserpflanzung die satten Grüntöne des Waldthemas auf, weiter hinten geben einheimische Baumgruppen dem Raum Tiefe und leiten zum Gehölzsaum über.
Die motorisierte Erschließung des Areals erfolgt über die Zufahrt im Osten des Areals und ermöglicht durch die Höhenentwicklung des Geländes ein ebenerdiges Parken für die Kunden- wie auch für die Besucherparkplätze. Dies hat zum einen den Vorteil, dass die Autos im Gebäude integriert werden können und zum anderen, dass eine offene und ungezwungene Parksituation entsteht. Die Erschließung der Parkplätze für die Wohnungen erfolgt ebenfalls über die gleiche Zufahrt und führt dann über eine Rampe im Geschäftsgebäude nach unten in die private Tiefgarage. Die Tiefgarage erstreckt sich, dem Geländeverlauf folgend, vom Geschäftsgebäude bis zum Wohnhaus im Norden. Somit ist es möglich mit nur einer Abfahrt alle Wohngebäude mit dem Auto zu erreichen. Die LKW-Anlieferung für das Geschäft erfolgt separat über die Wolfgangstraße wobei hier zwei Varianten, in Abhängigkeit der Nutzerwünsche, möglich sind. Als erste Möglichkeit kann das Geschäft durch einem LKW mit der Lage der Einfahrt an der Gebäudeaußenwand beliefert werden. Als zweite Variante könnte man durch Verschieben der Einfahrt in Richtung Geschäft, die Anlieferung für einen Sattelzug ermöglichen. Bei beiden Varianten ist kein rangieren auf der öffentlichen Verkehrsfläche notwendig und somit jeweils eine sichere und einfache Anlieferung des Geschäfts möglich.
Das Geschäftsgebäude ist funktional in zwei Teile unterteilt. Zum einen das Geschäft welches sich auf Höhe der Straßenkreuzung Haggenstraße-Wolfgangstraße befindet und südseitig über den Vorplatz erschlossen wird. Zum anderen die Wohnungen die im westlichen Teil als Maisonetten und im östlichen Teil als Geschosswohnungen mit flexiblen Grundrissen geplant sind. Die Haupterschließung der Maisonetten erfolgt über den Eingang im Sockelgeschoß. Die Haupterschließung der östlichen Wohnungen erfolgt, wie für das Geschäft, über den südseitigen Vorplatz. Die Geschoßwohnungen im Osten sind durch einen großzügigen Innenhof von den Maisonetten im Westen getrennt aber können gleichzeitig diesen Innenhof als Treffpunkt verwenden.
Die Wohnbauten sind jeweils als aneinandergesetzte Zweispänner mit einem Wohnungsmix aus 2,5 / 3,5 und 4,5 Zimmerwohnungen konzipiert. Die Wohnungen im mittleren Baukörper sind Südwest – Nordost orientiert, wobei sich die Wohnräume zur sonnigen Gartenseite öffnen. Die Wohnungen im nördlichen Baukörper sind Nordwest – Südost orientiert, wobei durch die flexiblen Grundrisse auch wahlweise „durchgewohnt“ werden kann. So erhalten die die sonnigen Wohnräume auch einen direkten Bezug zum naturnahen Baumbestand.
Alle Objekte werden als Holzbauten konzipiert, wobei die Konstruktionstypologien unterschiedlich sind. So wird vorgeschlagen, die Wohnbauten mit sichtbaren Brettsperrholzdecken oder sonstigen Massivholzdecken auszuführen, wobei die Spannweite auf ca. 3,7 Meter begrenzt wird. Diese Deckenelemente liegen auf tragende Wohnungstrennwänden bzw. Stützen auf. Die Außenwände, abgesehen von den Stirnwänden, werden nichttragend ausgeführt und sind mit eingebauten Fenstern vorgefertigt und hoch wärmegedämmt. Außen sollen die Wohnbauten mit einer horizontalen und vertikalen Holzschalung verkleidet werden, um sich in den Kontext, das vom Bachgehölz dominiert wird, natürlich einzufügen.
Die Konstruktionstypologie des Geschäftsgebäudes ist mit dem Raster der Tiefgarage abgestimmt. Dabei werden die vorgegebenen Spannweiten zwischen 8 und 9 Meter umgesetzt. Auf einem massiven Sockelgeschoss werden Stahlstützen und ca. 70 cm hohe Stahlträger aufgestellt. Auf diese Stahlträger werden Holzbetonverbunddecken gelegt, wobei das Detail so entwickelt wird, dass auch die Stahlträger im Verbund mit dem Beton effizient ausgenutzt werden. Auf diese Ebene werden zweigeschossige Baukörper errichtet, wobei die Konstruktionstypologie des nordseitigen Wohngebäudes als Skelettbau vorgeschlagen wird, während die Maisonettewohnungen im Süden durch tragende zweigeschossige Schoten – Wohnungstrennwände charakterisiert sind, welche auf den darunterliegenden Querwänden jeweils aufliegen. Somit entsteht eine klare und effiziente Konstruktionstypologie, die auch Rücksicht auf die Notwendigkeit von großen Spannweiten nimmt.
Die Wohnbauten sind im Minergie Standard vorgesehen. Es wird eine dezentrale Lüftungsanlage vorgeschlagen. Die Lüftungsgeräte sitzen bei den Wohnbauten jeweils in der abgehängten Decke, von welchem die Luftverteilung über die Decken der Nebenzonen erfolgt. Bei den Wohnungen über dem Geschäftsgebäude erfolgt die Lüftungsverteilung in der Decke über dem Geschäft zu den Steigschächten in den Wohnungen, von welchen die Luftverteilung in den abgehängten Decken der Erschließungszonen erfolgt.