Projektinfos
Wolfgang Hammerer
Wolfgang Hammerer
Arch. DI Roland Wehinger
Wolfgang Hammerer
Bauherr
Gerard und Martina Owens
Standort
Warth (AT)
Fertigstellung
2014
Projektdaten
NGF 107 m², BGF 154 m²,
BRI 380 m³
Rechte
Text Marko Sauer
Übersetzung Bronwen Rolls
Foto Norman Radon
- Tragwerksplanung Holzbau
Mader & Flatz Ziviltechniker GmbH, Bregenz - Tragwerksplanung Massivbau
Mader & Flatz Ziviltechniker GmbH, Bregenz - HLS Planung
Fink Martin, Bezau - Elektroplanung
Strom Fuchs - Thomas Fuchs, Au - Bauphysik
WSS Wärme- und Schallschutztechnik Schwarz, Frastanz
Owens „Haus Drexel“, Warth
Das „Haus Drexel“ in Warth gehört seit 1610 der gleichen Familie und sollte nun als Feriendomizil aufgefrischt werden. Gleich neben der Kirche gelegen trägt das typische Walser Haus viel zum Ensemble und dem Dorfbild bei. Nach dem Umbau erscheint das Gebäude wieder gepflegt – seinen Charakter hat es behalten. Die Fassaden gegen Süden und Osten wurden ausgebessert, teils mit altem Holz, das noch im Dachstock lagerte, gegen Norden und Westen wurde der alte Schirm durch einen neue Schale mit unbesäumten Brettern und einer Dämmung ersetzt. In wenigen Jahren wird das Holz nachgedunkelt sein und das „Haus Drexel“ wird wieder eins mit seiner Nachbarschaft werden.
Der Umbau konzentriert sich auf das mittlere Geschoss. Einige unsensible Einbauten aus den 1970er-Jahren sind gewichen, und was neu eingebaut wurde, spricht eine zurückhaltende und handwerkliche Sprache. Der Strickbau mit gemauertem Kern ließ nur punktuell Änderungen in der Struktur zu. Für die Küche wurden zwei kleine Räume zusammengelegt und eine Terrasse ins bestehende Gelände eingepasst. Im Kern des Gebäudes ist ein neues Bad entstanden, zum Treppenhaus hin sind die Wände vollflächig verglast – das ehemals dunkle Geschoss zeigt sich nun lichtdurchflutet und hell. Das historische Haus hat eine feinfühlige Transformation vollzogen: aktuell in der Nutzung, zeitlos in der Ausführung.
Warth ist eine typische Walsersiedlung im hintersten Teil des Bregenzer Waldes. Die Walser bevölkerten den Alpenraum oberhalb der Waldgrenze und mussten mit viel Einfallsreichtum ihr karges Leben bewältigen. Dies machte sie zu findigen Konstrukteuren von Wasserleitungen und landwirtschaftlichen Strukturen im alpinen Raum. Ein Teil dieser Überlebensstrategie lag aber auch darin, die Güter innerhalb der Sippe zusammenzuhalten.
Auch das „Haus Drexel“ ist seit 1610 im Besitz der gleichen Familie. Das Leben in den Alpen hat sich über die Jahrhunderte radikal gewandelt. Die größte Veränderung kam mit dem Fremdenverkehr einher: Die Walsersiedlungen liegen oft in besonders reizvollen Landschaften – der Massentourismus hat das Gesicht der Orte verändert. Aber anders als das nahe gelegene Lech, dessen ursprünglicher Charme weitgehend abhanden gekommen ist, drehen sich die Uhren in Warth langsamer. Auch aufgrund der knappen Wasserreserven, die den Bau von größeren Hotelanlagen verhindert haben, konnte das Dorf seine Gestalt erhalten.
Um diesen Reiz des Ortes nicht zu tangieren, sollte das „Haus Drexel“ so umfassend wie möglich erhalten bleiben. In den Fassaden zum Ort wurden deshalb lediglich Schadstellen ausgebessert – hauptsächlich mit altem Holz, das im Dachgeschoss lagerte. Die Flicke sind kaum zu erkennen. Die Fenster wurden saniert und teilweise erneuert. Auf den nördlichen und westlichen Fassaden musste die Schalung aus stehenden Brettern ersetzt werden, der gemauerte Sockel war noch gut erhalten. Um das Gebäude energetisch zu ertüchtigen, wurde eine Dämmschicht aus Steinwolle von 120 mm Stärke in die Wand eingebaut. Der neue Schild besteht aus unbesäumten Brettern, deren unregelmäßige Form der maschinellen Fertigung eine handwerkliche Anmutung verleiht. Wenn das Holz in einigen Jahren von der Sonne verbrannt und braun geworden ist, wird das Haus nicht mehr aus dem Dorfgefüge herausstechen.
Im Inneren konzentriert sich die Sanierung auf eine zeitgemäße Infrastruktur für ein Feriendomizil. Das Kernstück des Umbaus bildet die Küche, die aus dem Zusammenschluss zweier kleiner Räume entstanden ist: Sie bietet ein modernes Verständnis von Wohnen – ebenso der Pelletofen, der über das Mobiltelefon in Gang gesetzt werden kann. Wenn die Gäste in Warth ankommen, wartet bereits ein warmes Heim auf sie. Die Dämmung der Decke über dem ersten Obergeschoss trägt ebenfalls zur Behaglichkeit bei.
Der Strickbau erlaubte nur kleinere Anpassungen in der Struktur. Im Zentrum des Hauses konnte ein neues Badezimmer eingebaut werden, die Wand zum Treppenhaus wich einer Verglasung – Licht durchflutet nun das Wohngeschoss.
Doch welche Sprache sollten die neuen Einbauten sprechen? Einige Eingriffe aus den 1970er-Jahren mussten wieder rückgängig gemacht werden: Aus heutiger Sicht erschienen sie wenig einfühlsam und zu sehr in ihrer Zeit verhaftet. Um im Urteil von folgenden Generationen bestehen zu können, orientiert sich die Sanierung deshalb am historischen Original. Die Ausführung folgt einer schnörkellosen handwerklichen Gestaltung und steht gleichzeitig zu ihrer zeitgenössischen Anmutung: Die Kanten sind präzise geschnitten, die Oberflächen zeigen das helle, neue Holz.
Noch hebt sich der Eingriff sichtbar vom restlichen Gebäude ab. Ein wenig Patina wird die Gegensätze schnell vereinen – für das „Haus Drexel“ wird die Sanierung lediglich eine Episode aus dem frühen –21. Jahrhundert darstellen.
„Die durchdachten Renovierungen, die während des Projekts Haus Drexel stattfanden, bewahrten die Vergangenheit und führten das Haus in die Zukunft.“
Wolfgang Hammerer