Projektinfos
DI Thomas Fußenegger
Arch. DI Roland Wehinger
Jakob Fink
Bauherr
Robert und Christine Fröwis, Anton Fröwis
Standort
Bezau (AT)
Fertigstellung
2012
Projektdaten
NGF 466 m², BGF 583 m²,
BRI 1.838 m³
Energie 34 kWh/m²a
Rechte
Text Hermann Kaufmann + Partner ZT GmbH
Übersetzung Bronwen Rolls
Foto Adolf Bereuter
- Generalübernehmer
Kaufmann Zimmerei und Tischlerei GmbH, Reuthe - Bauleitung
Haller Baumanagement, Mellau
Wilbinger, Bezau
Drei Brüder, zwei Bauherren, ein Haus: Am Ortsrand von Bezau, der Heimatgemeinde der Brüder im Bregenzer Wald, fand sich ein passendes Grundstück für ein Familiendomizil – ein Doppelhaus mit drei Wohneinheiten, für das zwei der Brüder eine Bauherrengemeinschaft bildeten. Wichtig war den Brüdern, durch die Beschränkung auf nur die nötigsten Räume Kosten zu sparen. Die eine Haushälfte wird von der fünfköpfigen Familie des ältesten Bruders bewohnt, während die andere Hälfte aus zwei Zwei-Zimmer-Wohnungen besteht, in denen jeweils die beiden anderen Brüder wohnen. Das Projekt ist fest in Familienhand: die beiden Onkel, Architekt und Zimmermann, planten und bauten das Doppelhaus für ihre Neffen und wohnen ebenso wie deren Eltern in der Nähe.
»Das Architekturbüro Hermann Kaufmann interessiert sich für zwei Hauptthemen: nachhaltiges Bauen und der moderne Holzbau. Sie nennen ihre Herangehensweise an die Architektur „ Arbeiten mit dem Geist des Traditionellen“ oder die Suche nach zeitgemäßen Antworten mit Bezug zur Vergangenheit. Es geht uns um die Fähigkeiten trotz neuer Technologien, das Wesen des Ortes zu bewahren, in dem sich das Gebäude befindet.«
Contemporary Vernacular Design
Das Dreiparteienhaus wurde in Holzständerbauweise mit Fertigelementen errichtet und mit Holz verkleidet – innen mit astlochfreier Weißtanne und außen mit Lärchenholz. In Anlehnung an das typische Bregenzer-Wald-Haus ist der Balkon zum Schutz vor Wind und Wetter seitlich geschlossen. Er befindet sich vollständig unter dem Dachüberstand und schützt seinerseits die unter ihm liegenden Terrassen. Durch die Sichtschutzwände aus Holz ergeben sich private Freibereiche, während der Garten von allen gemeinsam genutzt werden kann.
An der Gebäudenordseite liegen die drei Haus- und Wohnungstüren geschützt zwischen den beiden vorgelagerten Carports. In den Carports wird auch das Brennholz gelagert, von wo es bei Bedarf über je einen Holzabwurfschacht direkt in den Keller, der ausschließlich unter den Carports angelegt ist, befördert werden kann. Unbeheizt und nur über eine Außentreppe erreichbar dient der Keller als Lager und Heizraum mit Stückholzofen und Pufferspeicher. In einer schneereichen Gegend, in der das Skifahren Tradition hat, ist eine Außentreppe zum Keller sehr praktisch, weil die nasse und sperrige Sportausrüstung nach Gebrauch ohne Umwege durchs Haus direkt hinuntergetragen werden kann. Unbeheizte Keller, besonders, wenn sie sich auf die nötigste Fläche beschränken, und Carports anstelle von Garagen, wie in diesem Beispiel, reduzieren wegen des geringeren konstruktiven Aufwands die Baukosten beträchtlich.
Parallel zur Firstachse verlaufen mittig die tragenden Wände, sodass sich für die Erschließung der Räume ein Mittelflur anbot. So gliedern sich alle vier Grundrisse in je zwei etwa gleich große Hälften: eine nördliche Nebenraumzone und einen über die gesamte Südseite orientierten Wohnbereich mit integriertem Essplatz und offener Küche.
Da in der Doppelhaushälfte die Treppe in den Flur und nicht in den Wohnraum gelegt ist und Schiebetüren verwendet wurden, bieten sich mehrere Nutzungsmöglichkeiten: Ein schmaler Durchgang zwischen Küche und Arbeitszimmer sowie ein besonders breiter zwischen Wohnzimmer und Flur ergeben im Erdgeschoss eine offene Raumfolge. So tritt der Mittelflur zugunsten eines zusammenhängenden Raumgefüges in den Hintergrund. Davon profitieren auch die Kinder: Die große zusammenhängende Fläche erlaubt Rundläufe und Fangspiele bis hinaus auf die Terrasse und in den Garten. Werden die Schiebetüren links und rechts neben der Treppe geschlossen, wird diese zum Bestandteil des Wohnraums, während Windfang und Arbeitszimmer dann abgetrennt sind. Sind hingegen alle Schiebetüren geschlossen, wird der Wohnraum inklusive Küche und Essplatz zu einem separaten, gemütlichen Aufenthaltsbereich, der sich im Sommer zur Terrasse hin erweitert.
Nur getrennt durch eine leichte Holzständerwand liegen die Eingangsbereiche der beiden Wohnungen direkt nebeneinander. Sollte später der Wunsch bestehen, beide Wohnungen zu einer großen Wohneinheit zusammenzuschließen, kann die Trennwand relativ leicht entfernt werden. Die Treppe mündet oben direkt in den Wohnraum, der wiederum Küche und Schlafzimmer erschließt. Durch den Verzicht auf einen Flur konnte der Wohnbereich offen und großzügig gestaltet werden. Eine derartige Raum-zu-Raum-Erschließung bietet sich gerade bei Wohnungen mit nur ein bis zwei Bewohnern an.
In der Erdgeschosswohnung trägt eine Stahlstütze die Last unter dem First ab, sodass als Trennelement zwischen Flur und Wohnzimmer ein raumhoher Schrank eingebaut werden konnte, in den die Stütze und auch der Kaminofen integriert ist – ein Gewinn an Stauraum bei gleichzeitiger Ersparnis an Raumfläche.
Baufotos
Publik
- MFH Fröwis, Bezau
ZN B-070, Vorbildliche Grundrisse, 2014, S.146-149 - EFH Fröwis, Bezau
ZN B-074, Clare Nash, Contemporary Vernacular Design, S. 144-145 - Einfamilienhaus Fröwis
ZN Z-340, Claudia Rinne, VN-Beilage Leben & Wohnen, Juli 2017, S. 4-7