Dächer
In den Zeiten, als sich der Stadtflaneur Gebäuden noch aus der Fußgängerperspektive näherte, galt die Fassade als das identitätsstiftende Gesicht eines Hauses. Das kaum einzusehende Dach war sekundär, seine Bedeutung sollte mit der Bezeichnung fünfte Fassade rehabilitiert werden. Spätestens nach der Einführung von Google Earth und der zunehmenden Verbreitung von Kameradrohnen hat sich dieses Verständnis umgekehrt. Heute ist die vertikale Aufsicht, also das Dach, oft der erste Eindruck, den wir von Gebäuden haben.
In der aktuellen Ausgabe zeigen wir weniger spektakuläre Beispiele, die eines gemeinsam haben: Sie stehen im Kontext zu historischen Dächern. Das weit auskragende Holzdach von Dietrich Untertrifaller duckt sich in Sichtweite zum Münchner Olympiazelt genauso in die Landschaft wie der Erweiterungsbau des Kunstmuseums Sydney Modern von Sanaa mit Blick auf die Oper von Jørn Utzon. Beide schlichten und dennoch unverwechselbaren Flachdächer sind auf Google Earth leicht zu finden. Ihre eigentliche Qualität zeigen sie aber im Inneren: Licht, Frische und Großzügigkeit.
[Aus dem Editorial DETAIL 5.2023]